Samstag, 15. Oktober 2011

Brägele mit Spiegelei


Kondenzstreifen am Himmel, die über lange Zeit ihre Form behalten, weisen auf ein stabiles Hochdruckgebiet hin. Dieser Tage lösen sich die Streifen am Himmel quasi gar nicht mehr auf und bilden wilde Muster im Blau über Klausen.
Die USA haben derweil aus 9/11 und dem darauf folgenden Flugverbot geschlossen, das die Kondensstreifen des Flugverkehrs die Temperatur auf der Erde um 1,1°C senken, des Nachts dagegen etwas erhöhen, sodass insgesamt ein ausgeglicheneres Klima herrscht.
Also, liebe Leute, pfeift auf die Regionalität, lasst eure Zutaten aus den fernsten Winkeln der Erde einfliegen, macht Urlaub in Australien und gebt den bonusmeilensammelnden Geschäftsleuten Ehrenmedaillen für ihren unermüdlichen Einsatz im Kampf um ein besseres Erdklima. Dann brauchen wir auch nicht unsere Hausdächer weiß anmalen, wie in den USA vorgeschlagen wurde.

So oder so, das Wetter ist mild und warm und unter einem Meer von Kondensstreifen verspeisten wir heute unsere Brägele mit Spiegelei. Brägeln, schreibt Wolfgang Abel in „Badische Küchenkunde“, bedeutet soviel wie „gemütlich braten“ und „Zeit haben“, und im besten Falle bedeutet es „Brägele“, was eine der badischen Standardbeilagen ergibt. Tatsächlich sind Brägele nicht mit Röstkartoffeln zu vergleichen, die Kruste, der Geschmack, die Konsistenz und überhaupt ...

Brägele dürfen, im besten Falle, nur einmal beim Braten gewendet werden, sie lieben eine mäßige Temperatur, die die gescheibelten, vollständig ausgekühlten Pellkartoffeln gemächlich krossbraun werden lässt und sie brauchen unbedingt eine ordentlich eingebratene Eisenbratpfanne. Arthurs Tochter hat eine solche Pfanne hier recht eindrucksvoll präsentiert.

In einer guten Portion heißem Schmalz werden die Kartoffelscheiben fingerdick in die Pfanne gegeben, gesalzen und gebraten, bis sie schön kross sind. Wer es kann, wendet die Brägele in einem gekonnten Schwung und alle auf einmal. Alle andern wenden mit dem Pfannenwender möglichst viele Kartoffeln zusammen. Wieder salzen und fertig braten.

Ich habe Speck- und Zwiebelwürfel vorher in Butter geröstet und erst zum Schluss mit Schnittlauch zu den Brägele gegeben, da Abel in seiner Beschreibung des Brägelns weder Zwiebeln noch Speck erwähnt. So kann man den Vegetariern am Tisch, die sich am Schmalz nicht stören, den Speck vorenthalten. Oder man nimmt statt Schmalz gleich Olivenöl und Rosmarin, dann haben wir das badische Ländle erfolgreich italienisiert. :)

Ich habe den Kartoffeln übrigens noch frischen Thymian beigefügt, das gab ein sehr feines Aroma. Die Kartoffeln haben wir vom Bauernmarkt, dort gibt es immer gelbschalige und rotschalige Kartoffeln, für die Brägele habe ich die gelbschaligen genommen und die Schale dann auch gar nicht entfernt, denn frei nach Janosch steckt das Beste immer in der Schale, bleibt also dran.

Zum Schluss haben wir die Großwetterlage in unserem Latte macchiato beobachtet und beim „Brägeln“ auf unserem sonnigen Balkon diesen schönen Bericht geschrieben.

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